
Unternehmen bauen immer häufiger organisatorisch und räumlich um. Sie hoffen dabei auf eine Explosion von Motivation und Ideen. Die Münchener Professorin Nicola Breugst hat die Entscheidungsfindung in jungen Teams untersucht und erkannt: Die richtige Balance zwischen Freiheit und Format ist gefragt.
Von Start-ups lernen heißt siegen lernen – solche Formulierungen sind quer durch die allermeisten deutschen Unternehmen zu hören. Getrieben von der Digitalisierung und dem Drang, das Innovationstempo zu steigern, blicken immer mehr Entscheider auf die jungen Unternehmen und stürzen sich auf Schlagworte wie individuelle Projektteams, schnelle Entscheidungsmethoden sowie agiles Arbeiten.
Genau hier greift Nicola Breugst mahnend ein. Die Wirtschaftspsychologin ist Professorin für Entrepreneurial Behavior an der Technischen Universität in München. Ihr Fokus liegt auf der „people side of entrepreneurship“ – also der Frage, warum Menschen unternehmerisch handeln und wie sie in jungen, etablierten Teams zusammenarbeiten. Sie kennt den Ehrgeiz vieler traditioneller Unternehmen:
Einzelbüros weichen in vielen Abteilungen großzügigen Gemeinschaftsflächen, an die Wände dürfen und sollen sogar bunte Post-its geklebt werden, die Fortschritte in Projekten dokumentieren. „Grundsätzlich ist es toll, wenn große Unternehmen solche Methoden aufgreifen“, sagt Breugst. „Aber man kriegt das nicht automatisch hin, nur weil man drei Monate zusammen in einem bunt ausgestatteten Raum sitzt.“

Wir hätten mehr rationale Dominanz erwartet – dass da so stark auf eine emotionale Ebene gesetzt wird, hat uns überrascht.
prof. dr. nicola breugst, münchener professorin
Gemeinsam für das Gute
Um den viel gerühmten Erfolgsfaktoren auf die Spur zu kommen, analysierte sie, wie genau in Start-ups Entscheidungen zustande kommen. Im aufwendigen Videostudium beobachteten Breugst und ihr Team dafür sekundengenau, wie 20 junge Gründerteams zu Beschlüssen fanden – von der Gestik bis zur Wortwahl. Immer wieder setzten die Teammitglieder auf das Gemeinsame an der Unternehmung, zeigten Verständnis für die Positionen der anderen und versuchten, deren Gefühle zu berücksichtigen. „Wir hätten mehr rationale Dominanz erwartet – dass da so stark auf eine emotionale Ebene gesetzt wird, hat uns überrascht“, berichtet Breugst.
Ihre Erkenntnis: Solch ein konstruktives Vorgehen war erfolgreich, weil das Team ein großes Interesse daran hatte, gemeinsam eine gute Entscheidung zu treffen. Ein grundlegendes Problem bleibt in Konzernen selbst beim räumlichen Umbau nämlich bestehen: Eingefahrene Hierarchien wechseln mit in die agilen Projektteams, den verpflanzten Mitarbeitern fehlt oft eine intrinsische Motivation, am neu eingerichteten Arbeitsplatz wirklich mehr zu schaffen.
Sie starten mit einer rosaroten Brille und
denken gar nicht daran, sich Regeln zu geben.
