AUFGEGLEIST – DB Station&Service

DB Station&Service | Leadership und Organisationsentwicklung

Shopfloor Management bei der DB Station&Service AG

Über 20 Millionen Menschen kommen täglich in ganz Deutschland an Bahnhöfen an, reisen ab und kaufen dort ein. Ihnen allen einen guten Aufenthalt zu bereiten ist die Aufgabe der Kolleginnen und Kollegen von DB Station&Service. Sie sind für den Betrieb der Bahnhöfe, die Sicherheit und die Sauberkeit der Bahnhöfe verantwortlich. Unter anderem für die Wartung von 130.000 Fahrstühlen, Rolltreppen, Anzeigetafeln und Lautsprecheranlagen. Zusammen mit der Staufen AG hat die DB Station&Service AG (DB S&S) nun unter dem Namen „Operative Exzellenz“ (OPEX) Performance Management (interner Name für Shopfloor Management) eingeführt.

Nach einer relativ kurzen Zeit haben wir schon eine starke Veränderung in der Führungskultur erreicht.

HAUPTBAHNHOF LEIPZIG, 8 UHR

Wie jeden Morgen dreht Christian Schulz seine Runde über den Leipziger Hauptbahnhof. „Ich starte meinen Tag damit, dass ich von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz gehe und mir selbst ein Bild von der aktuellen Lage mache“, sagt der Bahnhofsmanager. Am späteren Vormittag geht es dann vor das Performance-Board. Hier bespricht er sich mit den Arbeitsgebietsleitern und seinem Kernteam. Die Arbeitsgebietsleiter bringen jeweils die Punkte aus ihren Dialogen mit, die bereits frühmorgens stattgefunden haben. Bei Bedarf kann Bahnhofsmanager Schulz somit direkt auf die berichteten Informationen reagieren und bei der Problemlösung unterstützen.

Als Schulz von seiner Regionalbereichsleiterin Jeannette Winter gefragt wurde, ob Leipzig in der DB-Region Südost nicht OPEX-Pilotstandort werden wolle, musste er nicht lange überlegen: „Wir sind auch vorher schon sehr offen miteinander umgegangen. Daher war es für meine Kollegen und mich gar keine Frage, ob wir mitmachen.“ Auch seine Erwartungshaltung war klar: Schluss mit der „Man-müsste-mal-Mentalität“.

Bedenken gab es wegen des möglichen zeitlichen Aufwands. Schließlich kann eine Besprechung am Performance- Board nur dann seine Wirkung entfalten, wenn die Teilnehmer gut vorbereitet und alle Zahlen aktuell sind. „Mittlerweile haben sich die Sorgen gelegt und wir arbeiten in den Arbeitsgebieten Operations, Anlagenmanagement und Stationsbetreuung mit Performance- Boards“, freut sich Schulz.

Er selbst wiederum nimmt zweimal wöchentlich am Performance-Dialog der Region Südost teil. Dort versammelt Regionalbereichsleiterin Winter neben den Bahnhofsmanagern auch die Leiter der zentralen Abteilungen im Regionalbereich – vom Baumanagement bis zur Vermietung. „In den Performance-Dialogen kann man sehr gut immer wieder den Finger in die Wunde legen, ob das, was wir den Kunden versprechen, auch umgesetzt wird“, erklärt Winter. Mit den ersten Erfolgen ist sie zufrieden: „Nach relativ kurzer Zeit haben wir schon eine starke Veränderung in der Führungskultur erreicht.“

Es werde jetzt ganz anders miteinander gesprochen und den Mitarbeitern viel mehr Eigenverantwortung zugestanden. „Kein Kollege muss mehr sein Anliegen immer wieder und wieder vortragen, sondern kann viel schneller eine Lösung erzielen, die dann auch ganz direkt unsere Kunden zufriedener macht“, so die Bahnmanagerin.

Am Anfang waren wir schon skeptisch.

HAUPTBAHNHOF HAMBURG, 11 UHR

Auch Bärbel Aissen, Jeannette Winters Pendant für den Regionalbereich Nord, möchte OPEX nicht mehr missen: „Wir haben von Anfang an gesagt, das ist unser Programm.“ Insgesamt habe man viel mehr Struktur in das Geschäft bekommen und erlebe deutlich weniger Überraschungen. „Wir treffen uns mit der Führungsmannschaft zweimal wöchentlich vor dem Performance-Board. Da alle Teilnehmer in ihren Fachbereichen oder im Bahnhofsmanagements bereits durch die dortigen Performance- Dialoge ihre Themen priorisiert haben, geht es meist kurz und knapp. Unser sehr kleinteiliges Geschäft lässt sich so deutlich besser beherrschen“, sagt die Regionalbereichsleiterin. Dies spiegelt sich in den Zahlen wider: So konnte die Verfügbarkeit von Fahrstühlen, Rolltreppen und Anzeigetafeln mittlerweile um 11 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig ging die Anzahl sicherheitsrelevanter Mängel um 20 Prozent zurück.

Jürgen Kuschel, Betriebsratsvorsitzender im Regionalbereich Nord, kann sich noch gut an die OPEX-Auftaktveranstaltung erinnern: „Am Anfang waren wir schon skeptisch, da es in einem so großen Unternehmen ja immer wieder Programme gibt, die mit viel Euphorie starten.“ Und auch heute noch sagen ihm Kollegen, dass sie nicht ganz verstehen, warum die Performance-Dialoge bis runter zu den Serviceteams auf den Bahnsteigen stattfinden müssen. „Ich antworte dann immer, dass ihre morgens geäußerten Probleme noch am gleichen Tag bei Frau Aissen auf dem Performance-Board auftauchen. Klar, das Problem ist dann noch nicht gelöst, aber das Management kann es auch nicht mehr wegdrücken“, so Gewerkschafter Kuschel.

Dass die Erfolge, wie etwa eine Verfügbarkeit der Rolltreppen von mittlerweile 97 Prozent, noch besser in Richtung Mitarbeiter kommuniziert werden müssen, sieht auch Bahnmanagerin Aissen so. Sie selbst nimmt daher regelmäßig an den Performance-Dialogen ihres Kundenservices teil, um noch dichter heranzurücken. Mit Erfolg: Als sie kürzlich eine Gruppe Politiker durch den Bahnhof führte, blieb just in diesem Moment eine Rolltreppe stehen. Schnell gab es einen negativen Kommentar. Doch noch bevor Aissen dazu etwas sagen konnte, lief die Rolltreppe auch schon wieder. Der zuständige Kundenservicemanager, der die Rolltreppe in Gang gesetzt hatte, erkannte sie gleich, tauschte zwei, drei Worte mit ihr und ging dann lächelnd weiter. Durch das Projekt OPEX hat das Thema „Verfügbarkeit der Rolltreppen“ einen entsprechenden Fokus bei den Servicemitarbeitern bekommen.

HAUPTBAHNHOF BERLIN, 12 UHR

Auch in den Bügelbauten rund 40 Meter oberhalb von Europas größtem Etagenbahnhof sorgen diese Erfolge für ein Lächeln. „Mich begeistert es sehr, mit wie viel Verve Frau Aissen und ihr Team die Sache angehen. Mittlerweile ist aus der Pilotregion Nord so etwas wie unser ‚OPEX-Mekka‘ geworden“, sagt Andreas Springer, der im Vorstand der DB Station&Service AG für das Ressort Personal zuständig ist. Gerade bereitet er zusammen mit Jan Haug, Partner bei der Staufen AG, den am Abend turnusgemäß stattfi ndenden Performance-Dialog des Vorstands mit den obersten Führungskräften vor.

Dass das Performance Management eigentlich aus der fertigenden Industrie kommt, ist für Springer kein Problem: „Am Ende macht es für mich vom Prozess her keinen so großen Unterschied, ob ich Fahrstühle und Rolltreppen fehlerfrei herstellen oder fehlerfrei betreiben möchte.“ OPEX-Leiter Thomas Periša kann das nur unterstreichen: „Sie können auch im Dienstleistungssektor ohne Probleme ein System aufbauen, aus dessen Kennzahlen die richtigen Aktionen abgeleitet werden können.“

Die größte Herausforderung war es, den rund 400 Führungskräften klarzumachen, dass OPEX kein befristetes Projekt ist. „Nein, hier geht es um eine komplett andere Arbeitsweise, die unser Denken und Handeln grundsätzlich verändern wird“, so DB-S&S-Vorstand Springer.
Vertrauensbildend wirkte dabei vor allem, dass man zum Start kein festes KPI-Set vorgegeben hatte, sondern die Kennzahlen zusammen mit den Führungskräften und Mitarbeitern von unten her entwickelt hat.

Das Ziel der Performance-Dialoge – vom Shop floor bis zum Vorstand – ist für die beiden Bahnmanager klar: Künftig müssen Transparenz und Kritik völlig normal sein. Sie dürfen nicht mehr als persönlicher Angriff empfunden werden, sondern sollen als Ausdruck einer professionellen Zusammenarbeit gewertet werden.

HAUPTBAHNHOF COTTBUS, 16 UHR

Jan Henkel war bei DB S&S bis Mitte 2018 für OPEX verantwortlich. Zunächst hat er als Leiter des OPEXTeams die Implementierung des Performance Managements bei DB S&S in den Regionen koordiniert und in der Zentrale mit aufgebaut und ist nun als Bahnhofsmanager in Cottbus nicht nur für Brandenburgs größten Personenbahnhof operativ verantwortlich, sondern auch für ca. 140 weitere Stationen zwischen Oderbruch und Lausitz.

Lebhaft erzählt er von dem Kraftakt, eine komplexe Flächenorganisation mit mehr als 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von der neuen Methode zu überzeugen. „Den Durchbruch haben am Ende zwei Maßnahmen gebracht – die stärkere Einbindung des Top-Managements sowie die bewusste Erweiterung auf eine ganzheitliche Veränderung, in der Kennzahlen nur ein Teil der Lösung sind“, blickt Henkel zurück.

Und welche Cottbuser Baustelle könnte gleich Thema beim Performance-Dialog in der Zentrale werden? Möglicherweise ein Aufzug, dessen Störanfälligkeit es bis ins Brandenburger Landesparlament schaffte. Jan Henkel: „Diese Probleme sind wir dank OPEX jetzt strukturiert und mit den richtigen Beteiligten (Fachspezialisten des Betreibers, des Instandhalters sowie des Herstellers) vor Ort angegangen, statt es vom Schreibtisch aus auf Wetterkapriolen und den Instandhaltungsdienstleister zu schieben.“

Hier geht es um eine komplett andere Arbeitsweise, die unser Denken und Handeln grundsätzlich verändern wird.

HAUPTBAHNHOF BERLIN, 17 UHR

Aus den Fenstern der Bügelbauten des Berliner Hauptbahnhofs kann man das Gewimmel auf den Bahnsteigen beobachten, während DB-S&S-Vorstand Springer den Performance-Dialog eröffnet. Pünktlich haben sich alle Leiterinnen und Leiter der zentralen Abteilungen vor dem Performance-Board versammelt. Die Regionalbereichsleiter werden per Telefon zugeschaltet. „Hamburg, Frau Aissen, sind Sie da?“, fragt Springer. „Ja, hier ist Hamburg“, meldet Bärbel Aissen zurück. Auch Jeannette Winter vom Regionalbereich Südost aus Leipzig ist zugeschaltet, dazu ihre Kollegen und Kolleginnen aus den Regionalbereichen Ost, Mitte, West, Süd und Südwest.

Während die Top-Führungskräfte sachlich und konzentriert die einzelnen Themen und Prioritäten durchgehen, steht Staufen-Berater Haug zwei, drei Schritte abseits und macht sich Notizen. Bei den ersten Dialogen war er noch als Erklärer und Berater gefragt, doch mittlerweile ist er nur noch als Coach involviert. Haug: „Mit OPEX, wie es hier mittlerweile gelebt wird, wurde nicht nur die Komplexität beherrschbar gemacht, sondern gleichzeitig auch die Kommunikation über alle Hierarchieebenen hinweg auf ein neues Niveau gehoben.“

Von Bernd Koch – Vorstandsvorsitzender, DB Station&Service AG

Mit der Einführung von Performance Management konnten wir eine Methode zur abweichungsorientierten Führung und Steuerung in unseren Alltag integrieren. Dadurch sind wir als Organisation in der Lage, Probleme auf allen Ebenen frühzeitig zu identifizieren und entsprechende Lösungen zu finden. Es freut mich sehr, dass sich die gesamte Führungsmannschaft schnell mit der neuen Arbeitsweise und den zugehörigen Führungsinstrumenten identifizieren konnte und wir Probleme nun offen ansprechen und bei Bedarf in das nächste Level eskalieren. Hiermit verbessern wir unsere Reaktions- und Leistungsfähigkeit zum Wohle unserer Kunden. Unser Ziel ist es, das Performance Management im Jahr 2019 flächendeckend zu etablieren und bis Mitte 2020 den finalen Reifegrad erreicht zu haben.

Neben der Säule Performance Management fokussieren wir uns in OPEX noch auf die Säulen Befähigung und Prozessverbesserung. In der Säule Befähigung ist es unser Ziel, alle 5.600 DB-S&S-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter auf die OPEX-Reise mitzunehmen. Um dort eine nachhaltige Durchdringung zu gewährleisten, ist dies bis 2023 geplant. Zusätzlich investieren wir weiter in den Aufbau von OPEX-Experten und weiteren Multiplikatoren, die die OPEX-Transformation an den Standorten und in der Zentrale begleiten.

Eine effiziente „End-to end“-Kundenausrichtung ist der Schwerpunkt in der Säule Prozessverbesserung. Dort konnten durch die ersten Pilotprojekte bereits erhebliche Verbesserungen erzielt werden, was für uns jedoch erst der Anfang ist. Zukünftig werden Prozessverbesserungen systematisch aus der Strategie abgeleitet und eine Verbesserung des Gesamtsystems wird sichergestellt. Dies geschieht in engem Zusammenspiel mit den anderen Geschäftsbereichen der Deutschen Bahn. Über das DB-Exzellenzsystem stellen wir eine einheitliche Ausrichtung des Gesamtkonzerns sicher.

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