Ein Interview mit Dr.-Ing. Jochen Weyrauch, Vorstandsvorsitzender der Dürr Systems AG
Herr Dr. Weyrauch, das Thema Nachhaltigkeit steht bei Dürr ganz oben auf der Agenda, und zwar nicht nur bei Ihren Produkten und Produktionsmethoden, sondern explizit auch beim Thema Mitarbeiter und Leadership.
Wie sieht nachhaltige Mitarbeiterführung bei Dürr aus?
Zur Veranschaulichung verwenden wir bei Dürr gerne das Bild des „Unternehmers im Unternehmen“. Als globaler Anlagen- und Maschinenbauer mit Einzelprojekten im Wert von über 100 Millionen Euro brauchen wir Mitarbeiter mit einem hohen Maß an Kundenorientierung, Flexibilität und Eigenverantwortung. Hierbei ist es essenziell, ausreichend Freiräume zu geben, zum Beispiel in Form flacher Hierarchien und kurzer Entscheidungswege.
Außerdem schulen wir unsere Mitarbeiter darin, Probleme frühzeitig zu identifizieren, selbstständig Lösungen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen. Grundlage hierfür sind das Vertrauen und die Orientierung durch die eigene Führungskraft. Außerdem leben wir eine Kultur, in der Fehler erlaubt sind, angesprochen und korrigiert werden, anstatt sie totzuschweigen.
Das Motto muss lauten: Ein Fehler ist der Auftakt zu einem nachhaltigen Verbesserungsprozess – ein Verständnis, das wir noch stärker im Unternehmen verankern wollen, u. a. auch durch die Einführung von Shopfloor Boards.
In den Medien und auf Konferenzen war zuletzt nicht so viel von Nachhaltigkeit zu hören, aber umso mehr von Agilität. Stellt der „Agilitätshype“ mit Projektarbeit, Freelancern und stärkerer Eigenverantwortung die Nachhaltigkeit in den Schatten?
Das Wort „Agilität“ ist auch bei Dürr in aller Munde. Insbesondere bei der Digitalisierung unserer Produkte und Dienstleistungen sorgt die hohe Dynamik des Marktes dafür, dass etablierte Methoden an ihre Grenzen stoßen. Aber der „Agilitätsgedanke“ ist auch nicht grundsätzlich neu:
Kurze Planungszyklen, flache Hierarchien, die Arbeit in Teams mit wechselnder Zusammensetzung und einen starken Kundenfokus gab es ja bereits in der Vergangenheit.
Also sind Nachhaltigkeit und Agilität am Ende gar kein Widerspruch?
Genau, wir wollen mit agilen Prozessen nachhaltige Ziele erreichen. Somit stellen agile Methoden für mich eine sinnvolle Ergänzung bestehender Werkzeuge dar. Voraussetzung ist jedoch, die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte bei der Einführung und Weiterentwicklung der Arbeitsmethoden mitzunehmen.
Wir wollen mit agilen Prozessen nachhaltige Ziele erreichen.
Dr.-Ing. Jochen Weyrauch
Neben der Agilität im operativen Geschäft spielt mittel- bis langfristig die generelle Wandlungsfähigkeit eines Unternehmens für den Erfolg eine entscheidende Rolle. Wie schaffen Sie es bei Dürr, dass nicht nur alles richtig, sondern auch stets das Richtige gemacht wird?
Das Management muss den Wandel klar kommunizieren und vorleben. Dies entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Wandel kann nur dann funktionieren, wenn die eigenen Mitarbeiter aktiv in den Prozess eingebunden werden. Ein schönes Beispiel für agilen Wandel bei Dürr ist die Entwicklungskonferenz zur Gründung der IIoT-Plattform ADAMOS im Sommer 2017. Damals saßen rund 70 Mitarbeiter von drei Firmen über alle Hierarchieebenen verteilt an einem Tisch beziehungsweise in wechselnden Gruppen und haben in kürzester Zeit eine gemeinsame Vision entwickelt und Aufgaben aufgeteilt.
Dr.-Ing. Jochen Weyrauch,
Vorstandsvorsitzender der Dürr Systems AG
Wie spiegeln sich Nachhaltigkeit und Agilität in Ihrem Alltag wider – als Dürr-Vorstand und als Privatmensch?
Mir persönlich liegen der Austausch und das Feedback der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr am Herzen. Aus diesem Grund lade ich unter anderem regelmäßig zu Frühstücksmeetings in kleiner Gruppe und lockerer Atmosphäre ein. Nachhaltige Unternehmensführung kann aus meiner Sicht nur gelingen, wenn ich weiß, „wo der Schuh wirklich drückt“.
Agilität und Nachhaltigkeit im Privatleben sichern meine mittlerweile erwachsenen Zwillinge, meine schon lange gelebte Passion für Automobile und meine seit 25 Jahren andauernde fliegerische Leidenschaft.
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