
Zwei Konzepte, ein Ziel: Total Cost of Ownership (TCO) und Total Productive Maintenance (TPM) optimieren in der Industrie die Wartungsprozesse und senken damit Gesamtbetriebskosten.
Arpad Boros, Country Manager bei der Staufen AG und Horia Todoran, Managing Director von Bosch Rexroth in Rumänien beschreiben in unserem Interview das Vorgehen in der Praxis
In Branchen wie dem Flottenmanagement und dem Leasing ist das Konzept der TCO (Total Cost of Ownership) fest etabliert. Wie passt dieser Ansatz in die Industrie?
Horia Todoran: Beim TCO-Ansatz geht es in erster Linie darum, den Anteil einer Komponente an den Gesamtkosten für den Lebenszyklus einer Maschine möglichst gering zu halten. Bei unseren Anlagen in Rumänien stehen wir im Moment vor der Herausforderung, die Hydrauliksysteme zu modernisieren und nachzurüsten, insbesondere bei der Energieeffizienz. Das ist bei Hydraulik nicht einfach, da sie dezentralisiert ist und viele Einzelsysteme aufgerüstet werden müssen. Hier kann Industrie 4.0 helfen. Sie ermöglicht Automatisierung, Zustandsüberwachung und vorausschauende Wartung.
In diesem Kontext kann der ganzheitliche TCO-Ansatz besonders vorteilhaft sei. Er berücksichtigt verschiedene Aspekte, etwa die digitale Überwachung des Maschinenstatus, wodurch sich Wartungszyklen besser organisieren lassen. Zu diesem Ansatz gehören aber auch organisatorische Maßnahmen, beispielsweise die Verringerung der Variantenzahl von Komponenten.
Staufen verfolgt mit TPM (Total Productive Maintenance) einen ähnlichen Ansatz. Wo überschneiden sich die beiden Konzepte?
Arpad Boros: TPM ist ein strukturierter Lean-Ansatz, mit dem die Verschwendung innerhalb von Wartungsprozessen systematisch gesenkt wird. Er passt hervorragend zum TCOKonzept, da er ebenfalls ganzheitlich vorgeht. Im Kern geht es darum, die Verantwortung für die routinemäßige Instandhaltung an die Mitarbeitenden auf dem Shopfloor zu übertragen und auf diese Weise den Aufwand abzubauen.
Klassische Wartungsteams sind darin erfahren, Dinge zu reparieren, wenn sie kaputtgehen. Das kann man als Brandbekämpfung bezeichnen. Das Ziel von TPM ist aber, die Entstehung des Feuers zu verhindern. Das erreichen wir mit einer kontinuierlichen Überwachung durch die Mitarbeitenden in der Fertigung. Auch hierbei sind Industrie-4.0-Technologien eine sinnvolle Unterstützung, da sie die Überwachung durch digitale Verfahren vereinfachen.
Über die Person
- Umfassende Erfahrung in Vertriebsunternehmen für Industrieanlagen, vom Start-up über
verschiedene Vertriebsrollen bei Atlas Copco bis zu Bosch Rexroth Sales SRL als Managing Director - Ganzheitlicher Blick auf ein integriertes Vertriebsunternehmen, vom Geräteverkauf über
Service und Aftermarket bis zum Vermietungsvertrieb bzw. -service und Betrieb - Strategische und analytische Denkweise, Vorantreiben und implementieren von
Systemen zur kontinuierlichen Verbesserung auf allen Ebenen der Organisation
Welche Vorteile hat die Kombination von TCO und TPM für Industrieunternehmen?
Horia Todoran: Die beiden Konzepte passen zusammen wie Hardware und Software. Der TCO-Ansatz ist hervorragend geeignet, die Komplexität einer Maschine oder Anlage zu senken. So führt eine niedrige Komponentenzahl automatisch zu weniger Lagerhaltung und zu geringeren Aufwänden bei der Instandhaltung. TCO erfüllt übrigens dieselbe Aufgabe bei Produktionsprozessen: Durch eine Betrachtung der Gesamtkosten können unnötig aufwendige Vorgehensweisen erkannt werden. Bezüglich der Wartung geht es darum, die Bediener*innen in die Aufgaben zu integrieren. Mit maßgeschneiderten Lösungen können dann die Überwachungsaufgaben vereinfacht oder automatisiert werden.
TPM hat einen starken Einfluss auf die Prozesse in den Betrieben und führt zu einer Reihe von Veränderungen in der Planung, Produktion und Wartung. Was sind die schwierigsten Schritte für Unternehmen?
Arpad Boros: Der schwierigste Schritt ist meiner Erfahrung nach, der Führungsebene zu erklären, dass der TPM-Ansatz kein schnelles Kostensenkungsprogramm ist. Die – dann aber nachhaltigen – Ergebnisse stellen sich erst etwas verzögert ein. Denn unter anderem müssen die Bediener*innen geschult und gecoacht werden, damit sie Verantwortung für ihre Maschinen übernehmen. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist die Kommunikation aller Interessengruppen untereinander, die im Laufe des Lebenszyklus eine Rolle spielen. Sie müssen an einem Tisch sitzen, weil der Prozess sonst nicht funktioniert.
In modernen Industrien können neue Investitionen in Maschinen beträchtlich sein, besonders in der Schwerindustrie. Welche Maßnahmen müssen Unternehmen ergreifen, damit neue Investitionen zukunftssicher sind?
Horia Todoran: Es geht bei Investitionen darum, durch technologische Innovationen voranzukommen – unter anderem mit Blick auf Nachhaltigkeit und den Erhalt der Lebensgrundlagen. Als Spezialist für Antriebs- und Steuerungstechnik bieten wir unseren Kunden stets neue Technologien und Innovationen. Wir stellen die Wirkung dieser neuen Technologien in den Vordergrund. Denn sie können zwar höhere Anschaffungskosten verursachen, aber wenn man die TCO über zehn Jahre betrachtet – einschließlich Strom-, Wartungs- und anderer Betriebskosten –, zeigt sich oft, dass die teurere Anfangsinvestition im Vergleich zu billigeren konventionellen Maschinen langfristig günstiger ist.
Über die Person
- 20 Jahre Erfahrung im Projektmanagement und in der Unternehmensberatung in 12 Ländern
- Vorantreiben von Veränderungen und Implementierung kontinuierlicher Verbesserungsprozesse auf allen Ebenen der Kundenorganisation, von der Führungsetage bis zum Shopfloor
- Unterstützung der Kunden bei der Steigerung der Arbeits- und Maschinenproduktivität, Reduzierung der Durchlaufzeit und Verringerung von Verschwendung
Können Unternehmen diese TCO/TPM-Vision allein verfolgen oder benötigen sie für eine reibungslose und effektive Umsetzung einen erfahrenen Partner?
Arpad Boros: Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Partner hat viele Vorteile, unter anderem den des frischen Blicks auf die etablierten Prozesse und Organisationsformen. Meiner Erfahrung nach versäumen Unternehmen es oft, die erhebliche Verschwendung und das Potenzial in ihrem Betrieb selbst zu erkennen. Die Feuerwehreinsätze von Instandhaltungsteams werden einfach akzeptiert, sie sind schließlich Alltag. Da kann ein Blick von außen helfen, die eigenen blinden Flecken zu beseitigen.
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