Führung ermöglicht Orientierung, gerade wenn es keine Fakten gibt

Leadership und Organisationsentwicklung

Führungskräfte treffen Entscheidungen – zumeist auf der Basis von Fakten. Wer keine Entscheidung trifft, von dem geht keine Orientierung aus. Welche Kompetenz lässt uns handeln? Zu was sind wir verpflichtet, wenn keine Fakten vorhanden sind?

Der Trend, man solle sich als Orientierungsgeber gegenüber seinem Team zurückhalten, ja sogar die Empfehlung, die Führungskraft müsse nicht mehr so genau wissen, worum es sich handle, der autonome Mitarbeiter wisse es besser und solle am besten selbst entscheiden, ist gerade in Krisenzeiten ein gefährlicher Vorschlag. Denn Führung definiert sich als verantwortete Vermittlung zwischen Systeminteresse und individuellen Bedürfnissen und besitzt dabei einen Machtüberschuss. Diejenigen, die das Recht auf Autonomie und Selbstführung verabsolutieren, ignorieren die Tatsache, dass jeder Mitarbeiter in ein System eingebunden ist und sich somit gegensätzliche Interessen gegenüberstehen können. Der Ausgleich dieser Interessen erfordert einen Vertreter – diese Aufgabe übernimmt die Führungskraft.

Diejenigen, die basisdemokratische Entscheidungsprozesse – in Anlehnung an die Politik – im Industriealltag einfordern, setzen Kapital- und politische Macht gleich. Ist Kapitalmacht wirksam, treffen Eigentümer Entscheidungen darüber, was mit ihrem Eigentum passiert. Der Besitz legitimiert die Befugnis. Im politischen System wirkt die Legitimation durch die Anzahl der abgegebenen Stimmen.

Gerade in Krisen wird uns Führungskräften deutlich, dass wir uns nicht unsere Kompetenz im Sinne von „dürfen“ und „können“ ausreden lassen sollten. Für uns als Mentoren lautet die Regel weiterhin: Wir sollten zu der Situation, die wir von den Mitarbeitern vorgestellt bekommen, Klärungsfragen stellen und dann entscheiden können, dürfen und wollen. Denn nicht immer können wir in kritischen Situationen auf Faktendichte hoffen und so gewinnt gerade ein solches Szenario im Führungsalltag an Wichtigkeit. Der Fall, bei dem keine Fakten existieren und wir dennoch entscheiden (müssen), fordert unsere ganze Führungskraft (Führung erster Ordnung). Denn es bleibt ein Risiko, weil wir erst im Nachgang erfahren, ob unsere Entscheidung richtig war.

Wenn wir als Führungskraft unter Abwägung aller Risiken zu einem Experiment auffordern, dann ist es notwendig, glaubhaft vermitteln zu können, dass uns das Risiko des Experiments bewusst ist und wir die Verantwortung für seine Folgen übernehmen werden. Je mehr wir so wirken, als wollten oder könnten wir das Experiment, auf das sich alle einlassen sollen, nicht beurteilen, desto mehr Misstrauen entsteht bei denjenigen, die uns Gefolgschaft leisten sollen. Deshalb gilt gerade in Krisenzeiten ein Grundprinzip der Führungslehre von Toyota: Neben der soliden Erfahrung im Zusammenhang mit dem Thema und der Fähigkeit zur Risikoeinschätzung ist es vor allem die Übernahme der Verantwortung für den Schutz der Geführten bei Misserfolg, die Motivation bei jedem Lernschritt ermöglicht – gerade dann, wenn es (noch) keine Fakten gibt.

Wenn Sie weitere Fragen haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf 

FRANK KRAUSE, Senior Partner, STAUFEN.AG

Leitung von internationalen Lean Transformationsprojekten

Master Coach und Trainer für Führungskräfte Lean Leadership

Telefon: +49 7024 8056 0, E-mail: contact@staufen.ag

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