Dr. Arnd Köfler, Vorstand, thyssenkrupp Steel Europe AG
Herr Dr. Köfler, mit der Einführung eines eigenen Produktionssystems ist die thyssenkrupp Steel Europe AG in der Stahlindustrie ein absoluter Vorreiter. Was war der Grund, ein solches im Maschinen- oder Automobilbau übliches Konzept nun auch in der Prozessindustrie zu etablieren?
Selbstverständlich setzen wir bereits seit vielen Jahren erfolgreich die Werkzeuge des Lean Management bei uns ein. Wir hatten aber noch kein durchgängiges Konzept, diese Prozessexzellenz auch mit einer Führungsexzellenz zu verknüpfen. So erfolgte zum Beispiel die Führungskräfteentwicklung bisher nicht im direkten betrieblichen Kontext, sondern eher losgelöst davon. Künftig haben Coachings und Schulungen immer einen konkreten Bezug zum Shopfloor.
Was war die größte Herausforderung bei der Entwicklung und Einführung des Thyssenkrupp-Produktionssystems?
Ganz klar unsere Größe. Wir reden bei der thyssenkrupp Steel Europe von insgesamt 27.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Selbst wenn im ersten Schritt „nur“ die Bereiche Produktion und Instandhaltung involviert sind, handelt es sich um enorme Größenordnungen. Daher wurde die Systematik zusammen mit der Staufen AG parallel in sechs Lernwerken entwickelt und adjustiert, um das Produktionssystems möglichst gleichzeitig in allen Betrieben einführen zu können.
Wo stehen Sie aktuell?
Nach rund anderthalb Jahren Vorarbeit befinden wir uns seit Anfang 2019 in der Roll-out-Phase.
Wie fällt das erste Zwischenfazit aus?
Sehr positiv. Wir bekommen von vielen Mitarbeitern das Feedback, dass sie sich nun viel besser verstanden, informiert und in die Entscheidungen integriert fühlen. Es wird bereits viel regelmäßiger und verbindlicher kommuniziert – und zwar vom Vorstand bis zu den Schichten.
Schlägt sich diese neue Kommunikationskultur auch schon in den Kennzahlen nieder?
Absolut. Ein sehr guter Seismograf sind etwa die Kennzahlen zur Arbeitssicherheit. Hier können wir bereits eine deutliche
Verbesserung feststellen.
Nach den guten Erfahrungen in Produktion und Instandhaltung liegt die Ausweitung des Produktionssystems auf die Funktions- und indirekten Bereiche doch auf der Hand, oder?
Bereits in den Lernwerken haben wir den einen oder anderen produktionsnahen Funktionsbereich in das Produktionssystem integriert. Daher werden nach dem Abschluss des Roll-outs in Produktion und Instandhaltung auch die anderen Funktions-
bereiche folgen. Wir gehen hier sehr systematisch Schritt für Schritt vor. Das klare Ziel: Am Ende soll aus dem Produktionssystem ein alle Bereiche und Funktionen einschließendes Unternehmenssystem werden.