Aufgrund der Corona-Krise ist in vielen Unternehmen das Gebot der Stunde die Sicherstellung des operativen Betriebs. Doch was bedeutet dies für Entwicklungsleiter/-innen, Produktmanager/-innen, Business- und Portfolioverantwortliche sowie Geschäftsführer/-innen? Laut Senior Expert und Service Line Manager für Lean Innovation & Development bei Staufen, Tihamér Vendég, können die Entwicklungsbereiche derzeit aufatmen, da sie nicht im Fokus der Krise stehen. Doch wer jetzt schläft, verpasst den Anschluss und die Chance auf den nachhaltigen Wandel. Im folgenden Artikel zeigt Vendég auf, wie sich das Arbeitsumfeld für Fach- und Führungskräfte in den Entwicklungsbereichen nach der Krise verändern wird, und gibt handfeste Ratschläge, wie sie sich optimal dafür aufstellen können.
1. Neue Methoden der erstklassigen Produktgestaltung etablieren
Die Rahmenbedingungen für die Entwicklungs- und Projektarbeit verändern sich gerade grundlegend: die zeitlichen Rahmenbedingungen, die Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen sowie die Arbeitsprozesse, die sich durch die sprungfixe Virtualisierung und Führung auf Distanz gewandelt haben. Gleichzeitig werden Mitbewerber vom Markt verschwinden, womit sich neue Marktchancen auftun, die ggf. mit neuen und innovativen Produkten und Dienstleistungen schnell genutzt werden müssen.
Die Krise und die damit verbundene Arbeitsunterbrechung bieten nun den gewünschten Musterbruch, um beim Hochfahren nach der Krise neue Arbeitsweisen zu etablieren. Entwicklungsleiter/-innen, Produktmanager/-innen, Business- und Portfolioverantwortliche haben dann die Chance, neue Methoden der Produktgestaltung einzuführen, um damit Wachstumschancen zu realisieren, die Qualität und Robustheit von Produkten zu erhöhen sowie wirksam Produktkosten zu senken. Damit haben sie das Potenzial, einen GuV-wirksamen Beitrag zur wirtschaftlichen Verbesserung ihres Unternehmens zu leisten.
2. Gut organisierte Zusammenarbeit sicherstellen
Die Monate nach der Krise werden turbulent verlaufen: Projekte, die über Wochen zum Stillstand gekommen sind, werden wieder in Fahrt kommen müssen. Der Dringlichkeitsaspekt wird in allen Projekten den Wichtigkeitsaspekt überlagern, da ggf. kundenrelevante Termine wie z. B. SOPs (Starts of Production) nicht zwingend verschoben wurden. Gleichzeitig könnten wichtige Ressourcen als Folge weiterer Pandemiewellen und neuer Infektionsketten jederzeit wieder ausfallen. Aufgrund dieser Faktoren und Unsicherheiten wird die Gefahr permanent wechselnder Prioritäten und destruktiven Multitaskings in der Organisation steigen. Um dies zu vermeiden, bedarf es gut organisierter Zusammenarbeit und Transparenz in den relevanten Projektteams. Hierauf sollte unbedingt ein Schwerpunkt gesetzt werden. Dies führt uns zum nächsten Punkt …
3. Das eigene Produkt- und Dienstleistungsportfolio neu bewerten und priorisieren
Jetzt ist es essenziell, das laufende Projekt- wie auch das zukünftige Produktportfolio systematisch zu bewerten, richtig zu priorisieren und auszurichten und daraus höchst effizient einen Deckungsbeitrag zu generieren. Falls wir aufgrund des Covid-19-Virus eine Wirtschaftskrise erleben und Kunden und Konsumenten sparsamer werden, werden sie selektiver in ihrer Auswahl und ihren Investitionen. Produkte und Dienstleistungen müssen daher bestmöglich zu den Erwartungen passen und verfügbar sein.
4. Sensibilisierung für veränderte Kundenbedürfnisse und Trends
So wie sich unsere Gesellschaft aufgrund der Krise verändern wird, werden sich auch unsere Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen verändern. Die Anforderungen der Kunden an Produkt- und Dienstleistungsportfolios könnten sich deshalb kurz- und langfristig verändern. Karin Frick, Leiterin Research und Geschäftsleitungsmitglied des Thinktanks am Gottlieb Duttweiler Institut, weist darauf hin, dass die Corona-Krise für Firmen eine Chance ist, künftig multifunktionaler zu produzieren. Firmen, die es schaffen, smart und flexibel auf sich kurzfristig ändernde Bedürfnisse zu reagieren, könnten z. B. von der Produktion von FMCG-Produkten (Fast Moving Consumer Goods) auf die Produktion von Hygieneprodukten umschalten. Ziel sollte hier sein, mit den passenden Strukturen und Methoden die Entwicklungsarbeit möglichst verschwendungsarm und -vermeidend auszurichten und zu organisieren.
5. Kapazitäten für neue Entwicklungsprojekte einplanen
Wir beobachten, dass aktuell bei einigen Firmen not- bzw. krisenbedingt andere Produkte produziert werden, die nach der Krise fest ins Standardportfolio aufgenommen werden könnten. Dies könnte zusätzliche, neue Entwicklungsprojekte zur Folge haben. Eventuell führt dies auch zu neuen Entwicklungs- und Kooperationspartnern und veränderten Dienstleister- und Lieferanten-Landschaften, weshalb neues Insourcing und Netzwerk-Management notwendig sein werden. Hier gilt es, die entsprechenden internen Kapazitäten einzuplanen.
6. Wirksame Führungsinstrumente einsetzen
Der Bedarf an virtueller Zusammenarbeit bzw. Zusammenarbeit in verteilten Projektteams steigt sprungfix an und erfordert effektive Führungsinstrumente. Hierzu gehören eine klare und transparente Kommunikation sowie eine wirksame Führungsleistung, wie z. B. Entscheidung, Unterstützung und Konsequenz. Die wirksame Führungsleistung ist nun noch essenzieller als sonst, da sie sicherstellt, dass die begrenzten Kapazitäten optimal für die Projektlandschaft genutzt und für die Verbesserung der eigenen Entwicklungsprozesse eingesetzt werden.