Die Terminologie „Big Data“ ist in aller Munde. Doch wie sieht ein typisches Big-Data-Projekt aus und welchen Mehrwert kann es für Firmen generieren? Dr. Martin Seidel, der den Zentralbereich Business Efficiency bei der BSH Hausgeräte GmbH verantwortet und sich täglich mit Big Data beschäftigt, gibt wertvolle Einblicke in seine Arbeit und zeigt die typischen Schritte eines Data-Mining-Projekts auf.
Was ist Big Data?
Big Data bezeichnet die Verarbeitung von großen, komplexen und sich schnell verändernden Datenmengen. Die Bezeichnung „big“ bezieht sich dabei auf die drei Dimensionen Datenumfang, Datenvielfalt und Geschwindigkeit, mit der die Datenmengen entstehen. Aufgrund dieser Eigenschaften ist es nicht möglich, die Daten mit manuellen und traditionellen Techniken, wie z. B. Excel, zu verarbeiten. Andere Methoden sind hier notwendig. Im Fokus von Dr. Martin Seidels Arbeit stehen genau diese neuen, digitalen Methoden. Dr. Seidel verantwortet den Zentralbereich Business Efficiency bei der BSH Hausgeräte GmbH. Hier treibt er die Optimierung der Fixkosten bzw. Sales-, Gemein- und administrativen Kosten voran, um weiteres Umsatzwachstum ohne den Aufbau von Fixkosten zu ermöglichen. In seiner Tätigkeit erkennt er täglich, welche „Schätze“ durch Data-Mining-Projekte aufgedeckt werden können und welcher Mehrwert damit für BSH entsteht. Sein aktuelles Projekt hat zum Ziel, die Prozesseffizienz außerhalb der Produktion, d. h. in indirekten Bereichen, zu erhöhen. Konkret soll der „Order-to-cash“-Ablauf bzw. der Belegprozess, beginnend vom Eingang einer Produktbestellung durch den Kunden bis zum Ausgleich der Rechnung, unternehmensübergreifend effizienter gestaltet werden. Dabei soll die Durchlaufzeit eines Belegs verringert und der manuelle Aufwand der involvierten Mitarbeiter verkürzt werden.
Wie genau Ist das Vorgehen?
Schritt 1: Viele konkrete Fragen stellen.
Das erste Zwischenziel eines Bis-Data-Projekts ist das Stellen der richtigen Fragen. Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Es ist dem Unternehmen bewusst, dass ein gegebenes Produkt in den zwei BSH-Niederlassungen X und Y an gleichartige Kunden verkauft wird. Interessanterweise dauert der Belegprozess in Niederlassung X nur 4,2 Tage, während der gleiche Prozess in Niederlassung Y 5,3 Tage dauert. Weshalb weist ein Belegprozess in zwei Ländern unterschiedliche Zeitdauern auf? Einige Kollegen treffen bereits Annahmen und stellen unterschiedliche Behauptungen auf, woran dies liegen könnte. Auf solche Behauptungen gilt es laut Dr. Seidel nicht einzugehen. Er setzt hier vielmehr ein Big-Data-Mining-Projekt auf, das er als „Röntgengerät“ bezeichnet. Röntgengerät deshalb, weil das Projekt es ermöglicht, die beiden Prozesse im Detail zu verstehen. Welche Verbesserungen notwendig oder möglich sind, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Als Erstes sind deshalb viele Fragen wichtig, etwa die Folgenden: Beinhalten die Belegprozesse in den beiden Niederlassungen unterschiedliche Zwischenschritte? Dauern die verschiedenen Schritte gleich lang? Enthält der Prozess in einer Niederlassung mehr manuelle Zwischenschritte als in der anderen?
Schritt 2: Verstehen ist alles. Das nächste Zwischenziel ist das Verstehen.
In einem Data-Mining-Projekt wird eine Vielzahl von Daten analysiert. Im konkreten Fall analysiert Dr. Seidel 16 Millionen Bestellpositionen und Transaktionsdaten aus SAP. Im ersten Analyseschritt laufen Vergleichsanalysen der Belegprozesse in den beiden Niederlassungen. Ein Logarithmus wird definiert, der diese Prozesse beschreibt. Der Logarithmus wiederum erlaubt es, KPI (Key Performance Indicators) festzulegen. Damit ist zu erkennen, welche Zwischenschritte in welchen Niederlassungen wie lange dauern und wie sie die Dauer des Gesamtprozesses beeinflussen. Im zweiten Analyseschritt wird ein Benchmarking durchgeführt: Es wird aufgezeigt, wie die beiden Niederlassungen in den verschiedenen Zwischenschritten zeitlich abschneiden. Nach Abschluss dieser Analysen hat Dr. Seidel aus den riesigen Datenmengen geschäftsrelevante Erkenntnisse gezogen. Es wird aufgezeigt, wo Verbesserungen notwendig und möglich sind. Aus den Daten, in Kombination mit seinem faktenbasierten Analyseinstrument in Echtzeit, lässt sich nun eine aussagekräftige Basis für Veränderungen und Verbesserungen generieren.
Schritt 3: Ziele setzen und Verbesserungen herbeiführen.
Im nächsten Schritt, und dies ist der geschäftsrelevante und spannende Teil, werden Zielniveaus festgelegt: Definiert wird, wie lange ein jeweiliger Zwischenschritt, z. B. das Anbringen eines Stempels, maximal dauern soll. Mit diesen Zielniveaus kann abgeleitet werden, ob z. B. Niederlassung Y einen Prozessschritt, der bisher manuell abgewickelt worden ist, nun automatisieren soll. Nach der Umsetzung der empfohlenen Verbesserungen kann Dr. Seidel die neue Situation analysieren und aufzeigen, ob eine gegebene Veränderung tatsächlich die gewünschte Verbesserung erzielt hat und/oder ob weitere Anpassungen notwendig sind. Was macht Digitalisierung heute möglich? Und wie können mit „Big Data“ und „Data Mining“ neue Effizienzverbesserungen in Unternehmen aufdeckt werden?