Widerstand ist Willkommen

Leadership und Organisationsentwicklung

Studie Erfolg im Wandel 2019

Wandel ist keine One-Man-Show, sondern nur von Führungskräften und ihren Teams gemeinsam zu schaffen. Das sagt Prof. Dr. Heidi Möller vom Institut für Psychologie der Universität Kassel. Im Interview erläutert sie, warum Widerstand dabei etwas Positives ist.

Was ist die größte Herausforderung für Firmen, die nachhaltige Veränderungs-prozesse im Sinne von echten Transformationen anstoßen wollen?

Den Menschen zu verändern, ist das Schwierigste. Strukturen kann man jeden Tag verändern, Menschen aber sind sehr viel träger, und es braucht große Anstrengungen, sie im Veränderungsprozess mitzunehmen. Das wird allzu oft außer Acht gelassen, auch deshalb scheitern bis zu 70 Prozent aller Veränderungsprojekte

Wie muss ich als Top-Manager vorgehen, um zu den 30 Prozent zu gehören, die erfolgreich sind?

Zunächst müssen Sie sich klarmachen, dass die Zeit des „heroischen“ Managements beendet ist. Als One-Man-Show kriegen Sie den Wandel nicht hin, sondern nur gemeinsam mit dem mittleren Management und den Mitarbeitern. Dafür müssen Sie als Top-Manager ganz viel kommunizieren, auch bereichsübergreifend. Ihre Aufgabe ist es, von oben nach unten in die Organisation hineinzutragen, dass der Wandel Sinn macht.  Es muss Ihnen gelingen, Verständnis für die Veränderungen zu schaffen. Das erfordert einen balancierenden Umgang. Weder Sie noch Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wissen ja ganz genau, wo die Reise hingeht. In den Veränderungsprozessen ist ganz viel Unsicherheit im Spiel. Sie fordern also von Ihren Führungskräften auf allen Ebenen und den Mitarbeitern insgesamt eine sehr große Spannungstoleranz.

Ich brauche also als Unternehmensführung vor allemviel Gespür.

Ja, insbesondere auch, was die Dosierung von Stabilität und Veränderung betrifft. Sie müssen zwar den Wandel vorantreiben, dürfen Ihr System aber auch nicht überfordern. Wichtig sind Räume für einen Dialog, in denen das Team offen seine Ängste und Sorgen ausdrücken kann. Diese dürfen nicht einfach weggedrückt, sondern müssen benannt werden. Denn nicht alle Mitarbeiter sind gleich offen für Veränderungen. Die einen sagen „Hurra, es kommt was Neues“ und sind schnell zu begeistern, die anderen scheuen den Wandel wie ein Pferd das Hindernis. Sie alle sollen am Ende mitziehen. Denn wenn Ihr Team nicht mitmacht oder blockiert, sind Sie als Führungskraft komplett ohnmächtig.

Die Peitsche herauszuholen, ist demnach kontraproduktiv. Aber welche Skills oder Kompetenzen brauchen Führungskräfte denn für diesen Prozess?

Es geht zunächst einmal vor allem um die ganz grundsätzliche Haltung. Machen Sie sich klar: Es gibt überhaupt keine Veränderungen ohne Widerstand. Dieser ist normal. Wenn in einer Organisation keiner aufmuckt, dann ist das eher ein Anlass zur Beunruhigung. Widerstand ist willkommen, denn er ist ein Zeichen dafür, dass die Menschen sich ernsthaft mit Veränderungen beschäftigen: mit ihren bisherigen Überzeugungen und mit dem, was Neues auf sie zukommt.
Im Widerstand zeigen sich Bedenken, Befürchtungen und Ängste. Damit keine Blockaden entstehen, muss das Top-Management diese verstehen und beachten. Führungskräfte sollten also immer mit dem Widerstand gehen und nicht gegen ihn an. Sonst gibt’s Kampf. Und der führt zu nichts. Noch eines ist wichtig: Geduld. Denn wenn wirklich große Veränderungsprozesse angestoßen werden, dann müssen ja auch viele Dinge verlernt werden. Also nicht nur Neues gelernt, sondern auch Abschied von alten Überzeugungen genommen werden. Das ist immer zeitaufwendig.

Es wird doch aber nie möglich sein, alle Mitarbeiter im Veränderungsprozess mitzunehmen, oder?

Wichtig ist, die kritische Masse mitzunehmen. Wenn man schon mal 30 Prozent hat, die mitmachen, dann ist das gut. Viel weniger sollten es aber nicht sein. Wie in einem Schneeballsystem wird dann nach und nach der Rest der Belegschaft überzeugt.

Welche Rolle nehmen bei solchen Transformationsprozessen denn externe Berater ein?

Gerade bei großen Wandlungsprozessen ist eine externe Unterstützung von grundlegender Bedeutung. Allein, um einen Partner zu haben, der die eigenen Verhaltensweisen reflektiert. Als Führungskraft brauche ich jemanden, der mir auch meine blinden Flecke zeigt. Der mir ein Sparringspartner ist und einen Resonanzboden bietet, ohne dass er eigene Aktien im Spiel hat. Solch differenziertes und konstruktives Feedback hilft ungemein.

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