Egal ob Wärmepumpen oder Rechenzentren – der weltweite Bedarf an effizienten Ventilatoren sorgt bei ZIEHL-ABEGG für volle Auftragsbücher. Um der stetig steigenden Nachfrage auch künftig gerecht werden zu können, hat sich das Unternehmen in Sachen Effizienz und Leadership nun selbst eine „Frischluft-Kur“ verordnet.
Die königsblauen Werkhallen mit dem markanten Turm direkt an der A6 bei Kupferzell fallen jedem Autofahrer sofort ins Auge. Sie gehören zu ZIEHL-ABEGG, einem der weltweit führenden Experten für Luft-, Regel- und Antriebstechnik. Im Gewerbegebiet nahe der 6.000-Einwohner-Gemeinde im nordöstlichen Baden-Württemberg liegt der Hightech-Produktionsstandort des Unternehmens, das Emil Ziehl 1910 in Berlin gegründet hat und dessen Erfindungen bereits vor über 100 Jahren die Grundlagen dafür legten, dass heute in Kupferzell hochmoderne EC-Motoren gefertigt und jeden Tag in Ventilatoren verbaut werden.
In der Werkhalle befindet sich auch das Büro von Joachim Ley. Für den ZIEHL-ABEGG-COO, der alle Produktionswerke des Unternehmens weltweit koordiniert, ist es damit nur ein kurzer Gang die Treppe hinunter, um direkt auf dem Shopfloor zu sein. Dort steht wie an jedem Vormittag Werkleiter Ralf Alers mit seinen Führungskräften vor einem großen Shopfloor Management Board, um sich den aktuellen Status von den Führungskräften berichten zu lassen. Neben den klassischen Kennzahlen wie Krankenstand und Termintreue geht es heute auch darum, kurzfristige Lagerkapazitäten im Werk zu organisieren, damit ein feiertagsbedingter Logistik-Rückstau sich nicht auf die Produktion auswirkt. Schnell ist eine Lösung gefunden und wird direkt nach dem Meeting umgesetzt.
Um die Prozesse genauso schnell und unkompliziert störungsfrei halten zu können, haben Ley und Alers 2021 gemeinsam mit der Staufen AG im Kupferzeller Werk mit einer Lean Transformation begonnen. Das Ziel definiert Joachim Ley so: „Mittels Effizienzsteigerung und Shopfloor Management wollen wir die Liefertreue erhöhen und die Durchlaufzeiten verkürzen, um unsere Kunden jederzeit bestmöglich beliefern zu können.“
Von links: Joachim Ley, COO / Member of the Executive Board, ZIEHL-ABEGG SE und Ralf Alers, Werkleiter, ZIEHL-ABEGG SE
Von Kupferzell in die Welt: Das EC-Werk als Pilot für effiziente Wertschöpfung
Die fortschreitende Digitalisierung und die damit verbundene Belüftung von immer mehr Rechenzentren haben die Nachfrage nach modernen und stromsparenden Ventilatoren ebenso in die Höhe schnellen lassen wie der Wärmepumpen-Boom. „Mit unseren Produkten treffen wir den Nerv der Zeit. Deshalb wachsen wir stetig und bauen unsere Kapazitäten kontinuierlich aus“, erzählt COO Ley. Als Standort mit dem größten Anteil an der Wertschöpfung des Unternehmens wurde Kupferzell daher als Pilot für effiziente Wertschöpfung ausgewählt. Nach einer Potenzialanalyse startete ZIEHL-ABEGG zunächst mit einem Leuchtturmprojekt in der Rotorfertigung. „Wir haben uns die Wege angeschaut. Die Arbeitsplätze und Behälter wurden umgestaltet, so konnten wir bei den Rotoren die Effizienz sehr schnell deutlich steigern“, berichtet Werkleiter Alers.
Wie wichtig erste Erfolge bei einer Lean Transformation sind, weiß auch Staufen-Partner Dr. Werner Laub: „Gerade bei so erfolgreichen Unternehmen wie ZIEHL-ABEGG muss den Mitarbeitenden schnell klar werden, welche Verbesserungen auch für jeden einzelnen mit einer solchen Umstellung zu erreichen sind. Teilprojekte müssen daher stets so dimensioniert sein, dass sie schnell erfolgreich sein können. Denn dann wird Prozess- und Führungs-Exzellenz fast automatisch zum täglichen Doing.“ ZIEHL-ABEGG-COO Ley ergänzt: „Es gab bei uns ja keine Krise mit dem entsprechenden Leidensdruck. Da wir aber dennoch die Notwendigkeit gesehen haben, uns zu verändern, kamen wir an intensiver Überzeugungsarbeit, warum sich der Weg von gut zu exzellent lohnt, nicht vorbei.“ Geholfen hat ZIEHL-ABEGG hier die Erfahrung der Staufen-Berater und -Beraterinnen aus ähnlichen Projekten. Joachim Ley: „Durch ihre Praxiserfahrung haben sie alle Höhen und Tiefen einer solchen Transformation schon erlebt, und als gut ausgebildete Coaches fordern sie uns, aber sie überfordern das Team nicht.“
Mit unseren Produkten treffen wir den Nerv der Zeit. Deshalb wachsen wir stetig und bauen unsere Kapazitäten kontinuierlich aus.
Joachim Ley
COO / Member of the Executive Board, ZIEHL-ABEGG SE
Von links: Ralf Alers, Werkleiter, ZIEHL-ABEGG SE und Joachim Ley, COO / Member of the Executive Board, ZIEHL-ABEGG SE
Neues US-Werk: Die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte
Inzwischen hat die Transformation bei ZIEHL-ABEGG weiter an Fahrt aufgenommen. „Die Mannschaft hat verstanden, dass wir vorankommen. Die vielen organisatorischen Kleinigkeiten am Anfang sind abgearbeitet, es bleibt mehr Zeit für das Operative“, sagt Werkleiter Ralf Alers. Nach der Montage sollen nun weitere Bereiche des Werks noch intensiver in den Umbau einbezogen werden.
Aufgrund internationaler Nachfrage hat ZIEHL-ABEGG zudem begonnen, neue Produktionsstandorte aufzubauen. Für 50 Millionen Euro errichtet das Unternehmen ein neues Werk in Polen. „Megatrends wie der Klimawandel fordern eine deutliche Erhöhung unserer Kapazitäten“, so ZIEHL-ABEGG-COO Ley. Im Werk in Łódź sind 300 bis 400 Arbeitsplätze geplant. Neben bionisch optimierten Ventilatoren für Wärmepumpen sollen hier auch kleinere Ventilatoren für die Wohnraumbelüftung und die Kältetechnik gefertigt werden.
In den USA will ZIEHL-ABEGG seinen Standort massiv ausbauen und investiert 100 Millionen Euro in ein neues Werk und ein Verwaltungsgebäude in North Carolina – die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte. Die neue Fabrik entsteht rund 20 Kilometer vom bisherigen Standort entfernt. „Ziel der Investition ist es, die stark gestiegene Nachfrage in Nordamerika besser bedienen zu können“, erklärt Ley. Der Standort North Carolina wird für die Märkte in den USA, Mexiko und Kanada zuständig sein: „So können wir die Lieferzeiten verkürzen, die Reaktionsfähigkeit erhöhen und im Sinne der Nachhaltigkeit auch unseren CO₂-Footprint verkleinern.“
Ein Leuchtturm in Königsblau
Joachim Ley weiter: „Unser mittelfristiges Ziel ist es, den Veränderungsprozess auf alle Werke weltweit auszudehnen.“ Da das Unternehmen bereits 15 Produktionsstandorte auf verschiedenen Kontinenten unterhält und weitere aufbaut, wird die Transformation ZIEHL-ABEGG noch einige Jahre begleiten. Um ein einheitliches Niveau zu gewährleisten, sollen Mitarbeitende aus Deutschland künftig zu Multiplikatoren für schlanke Prozesse und exzellente Führung in den Werken im Ausland werden. Alle Werkleiter sollen sich regelmäßig austauschen. Das Change-Projekt in Kupferzell soll dem Unternehmen auch als Blaupause dafür dienen, im Ausland die passenden Mitarbeitenden zu finden und zu qualifizieren. „So wollen wir sicherstellen, dass der Kunde überall auf der Welt das Erlebnis ,Made by ZIEHL-ABEGG‘ hat“, sagt Joachim Ley. Für Staufen-Vorstand Markus Riegger ist ZIEHL ABEGG damit ein Paradebeispiel, wie vom Standort Deutschland aus die aktuellen Top-Themen weltweit konsequent und erfolgreich vorangetrieben werden können: „Normalerweise sind Leuchttürme ja oft rotweiß gestreift, hier in Kupferzell strahlt er hingegen in Königsblau – und zwar nicht nur für die Autofahrer auf der A6.“
Das Unternehmen
ZIEHL-ABEGG ist ein Spezialist für Luft-, Regel- und Antriebstechnik aus Baden-Württemberg. Hauptsitz des Unternehmens ist Künzelsau. In Deutschland sind 2.800 Mitarbeitende beim Hersteller beschäftigt, weltweit 5.100. Im Jahr 2022 machte das Unternehmen einen Umsatz von 873 Millionen Euro, 88 Prozent davon mit dem Geschäftsbereich Lufttechnik (Ventilatoren).
873
Mio. € Umsatz
5.100
Mitarbeitende
15
Produktionsstandorte
Beteiligte Personen
Joachim Ley
COO / Member of the Executive Board
ZIEHL-ABEGG SE
Ralf Alers
Werkleiter
ZIEHL-ABEGG SE
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