Lean, Digital, Green, Resilient – kein Unternehmen kann sich diesen Herausforderungen mehr entziehen. Doch wie greifen diese Top-Themen ineinander und was ist bei der Umsetzung zu beachten? Die Staufen-Berater Dr. Michael Feldmeth und Christian Sprenger erklären im Interview, warum Struktur und Reihenfolge über Erfolg und Misserfolg einer Transformation entscheiden.
Im Gespräch mit Michael Feldmeth, Principal und Christian Sprenger, Partner bei der Staufen AG
Erklären Sie bitte kurz das aktuelle Staufen-Framework?
Feldmeth: Die Darstellung stellt unseren ganzheitlichen Beratungsansatz vor und zeigt das breite Themenspektrum, wo und wie wir unsere Kunden unterstützen können. Im Mittelpunkt steht unsere Mission: exzellente Prozesse, exzellente Führung und in der Folge exzellente Ergebnisse. Diesem Ideal folgen wir und dies ist auch das erklärte Ziel unserer Kunden. Auf dem Weg dorthin spielen die vier Elemente Lean, Digital, Green und Resilient eine zentrale Rolle, sowohl als Treiber als auch als Werkzeuge für optimal konfigurierte End-to-End-Prozesse.
Was beinhalten die einzelnen Elemente Lean, Digital, Green und Resilient?
Feldmeth: Die vier übergeordneten Themen- und Beratungsfelder bauen aufeinander auf. Lean Management im ersten Kreis bildet die Basis für moderne End-to-End-Prozesse. Grundlegende Themen wie die Reduzierung von Verschwendung, die Fokussierung auf den Kundennutzen oder die Verkürzung der Durchlaufzeit bleiben im industriellen Umfeld hochaktuell – gerade im Zeitalter der Digitalisierung. Mithilfe digitaler Werkzeuge können dann aufbauend auf Lean weitere Prozessverbesserungen bzw. Leistungssprünge realisiert werden. Zunehmend an Bedeutung gewinnt im aktuellen Umfeld der Bereich Green, der sich mit ressourcenschonender und nachhaltiger Produktion beschäftigt, übrigens auch Kernelemente von Lean Management, sowie der Bereich Resilienz. Hier stehen Anpassungsfähigkeit und unternehmensübergreifende Produktionsnetzwerke im Vordergrund. Unter dem Aspekt optimierter End-to-End-Prozesse konzentrieren wir uns auf den gesamten Wertstrom und optimieren die verschiedenen Flüsse im Unternehmen. Dabei betrachten wir neben dem Material- und Informationsfluss die monetären Auswirkungen einzelner Aktivitäten auf das Ergebnis und die Liquidität, ebenso wie die Emissionen und das Management von knappen Ressourcen.
Sollten die Beratungsfelder immer in einer bestimmten Reihenfolge durchlaufen werden?
Sprenger: Für jeden Kunden muss der Beratungsansatz individuell gewählt werden, aber unser Framework gibt einen sinnvollen Ordnungsrahmen vor. Das heißt: Wir beginnen in der Regel mit Lean und optimieren die Prozesse. Denn nur aus schlanken Prozessen resultieren auch schlanke digitalisierte Prozesse. Ist das Unternehmen dann effizient und effektiv digitalisiert, kann die Reise in Richtung Green und/oder Resilienz weitergehen. Die ersten beiden Elemente bilden also das Fundament und zahlen bereits mit ihrer Umsetzung stark auf die weiteren Themenfelder Green und Resilienz ein. Viele CEOs sind angesichts der auf sie aktuell hereinprasselnden Themen verunsichert, egal ob es um Berichtspflichten in Sachen Nachhaltigkeit oder die immer noch fragilen Supply-Chain-Netzwerke geht. Aber ohne schlanke und digitalisierte Prozesse werden solche Themen nur unbefriedigend zu lösen sein.
Unternehmen sollten also stufenweise vorgehen, statt sich aktionistisch auf Einzelthemen aus den Feldern Green und Resilient zu stürzen?
Feldmeth: Genau, und mit diesem Ordnungsrahmen haben wir eine Struktur geschaffen, um die Buzzwords der Stunde trotz aller Krisenhektik strategisch einzuordnen. Was ist wichtig, was kann noch etwas warten? Damit helfen wir den Unternehmen, sich selbst realistisch einzuschätzen und zu erkennen, welches Handlungsfeld in der aktuellen Situation Priorität hat.
Bei aktuellen Themen wie dem Lieferkettengesetz und der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen Unternehmen aber schnell handeln. Zu welchem Vorgehen raten Sie in solchen Fällen?
Sprenger: Unabhängig davon, ob ein Unternehmen schon eine effiziente und digitalisierte Wertschöpfung nach den Lean-Prinzipien umgesetzt hat oder nicht, gibt es Pflichtaufgaben, die keinen Aufschub dulden. Die Erfüllung beispielsweise gesetzlicher Vorgaben führt aber nicht automatisch dazu, dass ein Unternehmen auch wirklich schon nachhaltig oder resilient aufgestellt ist. Deshalb rate ich einem Unternehmen, das noch nicht digital oder lean ist, Prioritäten zu setzen. Der klare Rat: erst für ein stabiles Fundament sorgen und dann priorisiert die Themenfelder Green und Resilient angehen. Durch diese strukturierte Vorgehensweise gelingt eine deutlich schnellere und effizientere Umsetzung. Ein vereinfachtes Beispiel hierzu: Wenn Sie Ihren S&OP-Prozess ganzheitlich unter Lean-Kriterien verschlanken und nachgelagert digitalisieren, werden Sie automatisch resilienter, da Sie Ihre Nachfrage und Angebotskurve besser synchronisieren können. Gleichzeitig werden Sie auch nachhaltiger, da Sie das Bestandsniveau deutlich absenken und damit ressourcenschonender produzieren können.
Ein solches Vorgehen bringt also nur Vorteile?
Sprenger: Ja, die größten qualitativen und quantitativen Optimierungen können durch ein konsequentes Durchlaufen der Themenfelder entlang des Ordnungsrahmens erzielt werden. Ganz wesentlich ist hierbei die vom Management vorgegebene strategische Ausrichtung, die die vorhandenen Kapazitäten einheitlich ausrichtet und die Themenfelder klar priorisiert. Andernfalls entsteht ein Flickenteppich, der zwar punktuell Problemfelder löst, jedoch keine schnittstellenübergreifenden Synergieeffekte hebt, da die Fokussierung auf die End-to-End-Prozesse fehlt, ebenso die Kundenzentrierung.
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