Wie eine erfolgreiche Lean Transformation gelingt.
Ein Maschinenbauer aus Südniedersachsen zeigt, wie eine erfolgreiche Lean Transformation gelingt.
Change-Prozesse stehen und fallen mit dem Selbstverständnis der Geschäftsführung. Bei der Aerzener Maschinenfabrik, einem Spezialisten für Gebläse und Gasverdichter, hat man das anerkannt und so ein gewaltiges Lean-Transformationsprojekt erfolgreich gestemmt.
Spätestens 2014 war klar, dass sich im südniedersächsischen Aerzen etwas Grundlegendes ändern musste. Der wirtschaftliche Erfolg seit der Jahrtausendwende hatte die dortige Maschinenfabrik kräftig wachsen lassen, doch Organisation, Strukturen und Unternehmenskultur konnten dabei nicht mitziehen.
Die gestiegene Komplexität in der Auftragsabwicklung führte zu massiven Problemen, beispielsweise bei Lieferterminen. Um Abhilfe zu schaffen, entschied sich das Unternehmen für eine Lean Transformation.
Wie ein schlanker, effizienter Betrieb aussehen kann, lässt sich am besten an realen Beispielen veranschaulichen. Als erste Maßnahme standen daher BestPractice Besuche auf dem Plan, etwa bei den Firmen Voith und MTU Aero Engines. Derart von neuen Eindrücken motiviert, begann das Training von 100 Führungskräften. Zugleich startete Staufen mit der Ausbildung von Lean Trainern, die als Multiplikatoren im Unternehmen wirkten.
Geschäftsführung muss hinter dem Wandel stehen
Von Anfang an lag der Fokus klar auf der Qualifizierung. Die richtige Wahl, wie sich im Laufe des Projekts zeigen sollte, bei dem 60 Prozent der Aerzener-Mitarbeiter anderen Abteilungen zugeordnet wurden. Bei solchen umfassenden Veränderungen benötigen Menschen Orientierung. Führungskräfte sind gefragt, neues Denken nicht nur zu verordnen, sondern auch vorzuleben. Und das bis in die höchsten Ebenen, wie Firmenchef Klaus-Hasso Heller weiß: „Die Geschäftsführung ist der Treiber einer solchen Transformation. Sie muss Führungskräfte und Mitarbeiter begeistern. Und auf vielen Wegen erläutern: Was ist der Sinn von Lean und warum machen wir das?“ Damit meint er es ernst, immer wieder ist er vorangeschritten und hat sich selbst einem Change-Prozess mit regelmäßigen Coachings unterzogen.
So hat die Aerzener Maschinenfabrik eine ganz neue Unternehmens- und Führungskultur geschaffen. Shopfloor Management entlang des gesamten Produktwertstroms verbessert die Kommunikation. Eine neue Gesprächskultur herrscht unter den weltweit mehr als 2.000 Beschäftigten. Die Mitarbeiter haben großes Vertrauen in die Problemlösungskompetenz der Führungskräfte und des gesamten Unternehmens.
Durchlaufzeiten sinken um ein Drittel
Das gewachsene Vertrauen ermöglichte auch, parallel nachhaltige Prozessverbesserungen zu implementieren. Zunächst starteten in der Sparte der kundenindividuell modifizierten Aggregate mehrere Leuchtturmprojekte. Sämtliche mit der Auftragsabwicklung verbundenen Prozesse wurden aufeinander abgestimmt und auf den Kundentakt ausgerichtet.
Der Aufbau einer wertstromorientierten Organisation hebt die funktionale Teilung von Auftragserfassung, Engineering, Beschaffung, Montage sowie Logistik auf. Abteilungsdenken und die typischen Probleme im Schnittstellenmanagement gehören heute der Vergangenheit an.
Wie erfolgreich diese Maßnahme waren, lässt sich anschaulich an der Abwicklung von Kundenaufträgen beschreiben: In den Pilotprojekten betrug die Durchlaufzeit früher rund dreieinhalb Monate, doch nur zwei Wochen davon waren echte Prozesszeit. Der Rest bestand aus Rückfragen, Klärungs- und Liegezeiten. Zwei Jahre nach Start der Lean Transformation ist die Durchlaufzeit um rund ein Drittel gesunken. Gleichzeitig wurde die Zahl technischer Störungen um 70 Prozent verringert. In den Pilotbereichen hat sich die Gesamtproduktivität um 20 Prozent erhöht. Die Aerzener Maschinenfabrik stemmt nun mit gleichem Personalaufwand deutlich mehr Aufträge. Heller zieht ein begeistertes Fazit: „Die Lean Transformation ist für uns von zentraler Bedeutung. Sie trägt dazu bei, dass wir auch in der Zukunft die Führung am Weltmarkt sichern.“