Wenn die Costumer Journey eine neue Richtung einschlägt.

General Motors Car sideview
Operational Excellence

General Motors (NYSE:GM) ist ein globales Unternehmen, das sich darauf konzentriert, eine vollelektrische Zukunft voranzutreiben, die für alle Menschen verfügbar und zugänglich ist. Das Herzstück dieser Strategie ist die Ultium-Batterieplattform, die vom Massenmarkt bis hin zu Hochleistungsfahrzeugen alles antreiben wird. General Motors, seine Tochtergesellschaften und seine Joint-Venture-Unternehmen vertreiben Fahrzeuge unter den Marken Chevrolet, Buick, GMC, Cadillac, Baojun und Wuling.

General Motors symbolisiert den American Way of Life gleichermaßen wie den American Way of doing Business. Das schließt mit ein: regelmäßige Reports, zahlenlastige Geschäftsprognosen und ausführliche Tätigkeitsberichte. Aber wie kann so ein detaillierter Ein- und Ausblick bei einer agilen Neugründung gelingen? Die im Aufbau befindliche chinesische Tochter des US-Autoriesen – General Motors Premium Import – nutzt dafür eine von der Staufen AG speziell für GM angepasste Hoshin-Kanri-Methodik.

Der chinesische Automarkt stellt die Hersteller aus Europa und den USA vor besondere Herausforderungen. Schwierig gestalten sich unter anderem die sehr hohen Kundenansprüche, eine strenge staatliche Reglementierung, ein hoher Preisdruck und der räumlich wie wirtschaftlich riesige Markt, der mit einem eigenen Händlernetz erschlossen werden muss. Auch deshalb akzeptierten internationale Konzerne in der Vergangenheit den bisher staatlich vorgeschriebenen Markteintritt in Kooperation mit einem chinesischen Joint-Venture-Partner.

Der „Brand Ambassador“ löst den klassischen Autoverkäufer ab

General Motors betritt mit seinem kürzlich gegründeten Geschäftsbereich General Motors Premium Import Neuland. Ziel ist es, im Alleingang ausgesuchte GM-Modelle aus dem Premium-Segment zu importieren und über digitale Vertriebswege zu verkaufen. Auf klassisches Marketing soll genauso verzichtet werden wie auf ein traditionelles Händlernetz mit aufwändig gestalteten Showrooms. Stattdessen setzt Felix Weller, GM Vice President Premium Imports China, hauptsächlich auf die Kraft der digitalen Community, um die Luxusfahrzeuge auf dem größten Automobilmarkt der Welt zu verkaufen.

„Der Gemeinschaftsgedanke ist in China stark ausgeprägt, es wird viel Wert gelegt auf Strömungen und Meinungen in der Community. Kunden informieren sich über soziale Medien und lassen sich gern von Community-Experten beraten“, so Weller. Deshalb denkt das Unternehmen die Customer Journey neu. Mit Markenbotschaftern und dem Aufbau einer GM-Community will man besser auf die Eigenheiten des chinesischen Marktes eingehen.

General Motors red car wheel

Mit der Corvette auf die Rennstrecke und mit dem Tahoe in die Wildnis

GM Premium Import versteht sich daher nicht als Autohersteller oder -verkäufer, sondern als „Energizer für ausdrucksstarke Lebensstile“, bei dem Produkt, Erfahrungen und Community ein Gesamtpaket darstellen. Dem Kunden wird ein individuell zusammengestelltes Produkt verkauft, das den Lebensstil des Kunden unterstreicht oder aufwertet. Beispiel Corvette: Der Sportwagen könnte künftig im Paket mit regelmäßigen Runden auf der Rennstrecke inklusive professioneller Fahrerlager-Betreuung verkauft werden. Und für eine abenteuerlustige Familie bietet sich der bis zu 5,4 Meter lange Chevrolet Tahoe für entsprechende Glamping Touren an.

Der Fokus auf solche Lifestyle-Pakete verlangt ein hohes Maß an Flexibilität und Lernbereitschaft. Das „traditionelle“ Kerngeschäft, also die Produktion, den Import sowie die Homologation beherrscht GM aus dem Effeff. Jetzt geht es aber darum, den Kunden besser kennenzulernen und zu verstehen, wie Communities funktionieren. Dafür setzt das Unternehmen das komplette Instrumentarium moderner Kundenbindungsmöglichkeiten wie soziale Plattformen und Künstliche Intelligenz ein.

Weiterer Vorteil des exklusiven Community-Angangs: GM ist nicht ein weiterer Autohersteller auf dem stark umkämpften Markt, sondern tritt in China als Lifestyle-Brand auf. Den harten Preiskampf mit hohen Rabatten möchte das Unternehmen damit vermeiden und mit einem selbstbewussten Absatz- und Preisniveau auftreten.

Eine gemeinsame Basis für Startup und Unternehmen finden

Die dafür benötigten Informationen über Kunden und Communities können nicht über die klassischen Vertriebssäulen Sales und Marketing gewonnen werden. Gleichzeitig sind – vor allem während der kritischen Aufbauphase – die gebräuchlichen Branchen-KPIs nicht aussagekräftig.

Statt sich von Prozessen und Profitabilität leiten zu lassen, arbeitet GM in China wie ein agiles Startup und sieht sich mit Business-Case-Fragen, MVP (Minimum Viable Product) und hohen Investitionen konfrontiert. Der große Unterschied zum klassischen Startup: GM Premium Import weiß genau, mit welchen Produkten man in den Markt gehen wird. Offen bleibt die Frage, wie das Geschäftsmodell im Detail aussieht und wie die Skalierung erfolgen muss.

Dieser investitionsintensive und gleichzeitig ergebnisoffene Ansatz gefährdet im Normalfall die Zusammenarbeit zwischen einem Mutterkonzern, der an festen Strukturen und Prozessen ausgerichtet ist, und einer agilen Neugründung. Viele Startup-Projekte, die aus einem bestehenden Unternehmen heraus gegründet wurden, scheiterten schon daran, dass Ziele und Verfahren der beiden Unternehmungen einfach zu konträr waren.

General Motors Car sideview

Hoshin Kanri

(jap. für Kompassmanagement)

Hoshin Kanri fokussiert die Führung und Entwicklung der Mitarbeiter in Richtung Vision. Es stellt den Zusammenhang zwischen Vision, Zielen, Projekten und Erfolgsfaktoren durch Werkzeuge und Formblätter her. Die X-Matrix ist das Werkzeug, um Durchbruchziele, Jahresziele, Verbesserungsprojekte und Erfolgsfaktoren miteinander zu verknüpfen. Die Einbindung aller Führungsebenen über alle Unternehmensfunktionen hinweg dient der Unternehmensausrichtung und ist ein zentraler Bestandteil von Hoshin Kanri. Das Management ist sich über das Ziel und den gemeinsamen Weg einig (horizontale Ausrichtung) und spricht mit “einer Stimme” zur Organisation. Nur mit zielkonfliktfreien Botschaften in der Strategie entfaltet Hoshin Kanri in der Organisation seine volle Wirkung (vertikale Ausrichtung).

Mit Hoshin Kanri die Zukunft immer schon mitdenken

Im Falle von GM Premium Import wurde deshalb von Anfang an darauf geachtet, dass verschiedene Prozesse zeitgleich ablaufen können:

  • Der Aufbau eine Importlogistik für Premiumfahrzeuge
  • Die Etablierung einer Marken-Community
  • Die Planung eines funktionierenden Business-Models (einschließlich eines digitalen Ökosystems, das in die reale Welt exportiert werden kann, z. B. durch digitale und physische Erlebnisangebote)
  • Regelmäßige und detaillierte Berichte an den US-Mutterkonzern

Diese nicht immer kongruenten Zielvorgaben und die enorme Komplexität des Projekts zwang die Verantwortlichen zu einer strukturierten Vorgehensweise, die genügend Raum gibt für agile Anpassungen und weitreichende Freiheiten. Die Management- und Automobil-Experten von Staufen Deutschland und Staufen China haben für das GM-China-Projekt deshalb die klassische Hoshin-Kanri-Methodik überarbeitet und speziell angepasst, um den Planungs- und Prognoseaspekten Raum zu schaffen.

„Wir haben uns für Hoshin Kanri entschieden, weil GM die Zukunft völlig neu denkt. Es gibt in diesem Fall noch keine Erfahrungswerte. Dennoch müssen aus der attraktiven Vision konkrete und ambitionierte Durchbruchsziele abgeleitet und dann umgesetzt werden“, fasst Uwe Vogel, Partner bei Staufen, die Herausforderung zusammen. Dafür würden einzelne Schritte und Punkte genau untersucht, um festzustellen, welche Treiber die gewünschte Wirkung entfalten.

Auch die GM-Zentralen in Shanghai und Detroit wollen vom eigenen Startup Antworten auf Fragen nach dem aktuellen Stand der Investitionen und verlässlichen Rentabilitätsprognosen.


Normalerweise gehen Autohersteller retrospektiv an die Frage und nutzen bekannte Kenngrößen. Aber wir machen hier noch kein Sales-Volumen und haben auch kein klassisches Geschäftsmodell. Ich brauche also einen Feed-Forward-Approach, um Antworten auf die Fragen aus den USA zu bekommen.

Felix Weller,
Vice President Premium Import, General Motors China

Hoshin Kanri kann in diesem Szenario seine Stärken voll ausspielen, weil es auch für verschiedene Zukunftsszenarien schon jetzt die passenden Grundlagen legt: „Wenn ich beim Aufbau meines Unternehmens einer Logik folge, die auch in der Wachstumsphase trägt, kann ich viel leichter skalieren, als wenn ich mittendrin die Pferde wechseln müsste. Zudem wachsen neue Kolleginnen und Kollegen in die gleichen Prozesse rein, die auch die Mitarbeitenden kennen, die schon beim Start dabei waren“, sagt Weller.

Für das GM-Startup General Motors Premium Import bietet das von Staufen angepasste Hoshin Kanri die perfekten Instrumente und Verfahren, um Erfolgsfaktoren zu identifizieren und jederzeit einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand zu haben. GM-Manager Weller: „Ich habe zwar wie jedes Startup keine 100-prozentige Sicherheit, die richtigen Dinge zu tun. Aber ich habe eine deutlich höhere Erfolgswahrscheinlichkeit.”


Interview mit Julian Blisset

Wie gespannt sind Sie jetzt so kurz vor dem Start?

Wir sind sehr gespannt auf den Start unseres Premium-Importgeschäfts. Es handelt sich um ein völlig neues Geschäft, das eigens für den chinesischen Markt geschaffen wurde. Aktivitäten wie die jährlich stattfindende China International Import Expo in Shanghai, externe Studien und unsere eigenen Untersuchungen haben gezeigt, dass bei den chinesischen Verbrauchern eine enorme Nachfrage nach importierten Premiummodellen besteht.

Welches sind die größten Herausforderungen, wenn man auf dem chinesischen Markt Fuß fassen will?

Mit der wohl größten Anzahl an Autoherstellern weltweit ist der chinesische Fahrzeugmarkt in allen Segmenten hart umkämpft. Es ist unglaublich, in welcher Geschwindigkeit ein Produkt oder eine Technologie von der Idee bis zur Markteinführung entwickelt wird. Wenn wir unsere Führungsposition behalten wollen, müssen wir uns flexibel an die Kultur der Innovation und der Zusammenarbeit anpassen.

Für wie attraktiv halten Sie das Produktportfolio von GM für den chinesischen Verbraucher und warum?

Wir verfolgen einen einzigartigen, differenzierten Ansatz für unsere Produkte, den es auf dem Markt noch nie gegeben hat. Wir führen ein innovatives Geschäftsmodell unter der Leitung eines hochgradig diversifizierten, agilen und talentierten Teams ein, das wie ein Startup-Unternehmen agieren wird. Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, den Lebensstil unserer Kunden zu berücksichtigen und ein wirklich kundenorientiertes Erlebnis zu bieten.


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