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Auftragsbestände schmelzen zunehmend dahin 

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July 27, 2023 | Operations Management

Der deutsche Maschinenbau leidet derzeit unter einer einmaligen Verkettung von Negativfaktoren: schwache weltweite Investitionsnachfrage, Ukrainekrieg, geopolitische Verwerfungen, Nachwirkungen von Corona, Lieferkettenprobleme, Inflation und politische Unsicherheiten. In der Folge sind die Auftragseingänge seit über einem Jahr auf Talfahrt. Die erhoffte Wiederbelebung ist bislang ausgeblieben. In den Monaten März bis Mai 2023 lagen die realen Auftragseingänge nochmals um 12 % unter denen des Vorjahrs. Noch leben die Betriebe von hohen Auftragsbeständen (11,6 Monate). Doch diese schmelzen zunehmend dahin, sodass im zweiten Halbjahr 2023 auch mit einem Rückgang von Produktion und Umsatz gerechnet werden muss. 

Die Maschinenbauer sind aber zyklische Abschläge und Krisen gewohnt, stecken nicht den Kopf in den Sand und treiben weiterhin Innovationen voran. 59 % der Maschinenbauunternehmen haben nach einer Umfrage des VDMA im letzten Jahr mehr Geld in Forschung und Entwicklung investiert. 54 % wollen dies auch 2023 tun. Davon profitiert der Fachzweig Robotik und Automation, wie sich gerade wieder auf der Robotikmesse Automatica in München gezeigt hat. Die Branche boomt und erwartet in diesem Jahr ein Umsatzplus von 13 % mit zukunftsweisenden Lösungen, mit denen u. a. dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann. Auch die Hannover Messe war ein großer Erfolg für die Maschinenbauer. Die Aussteller haben zukunftsweisende Technologien präsentiert, mit denen der Klimawandel bekämpft und die intelligente Produktion vorangebracht werden kann (Manufacturing-X). Sie haben gezeigt: Der Maschinenbau hat die Lösungen für nachhaltigen Klimaschutz. Leider halten sich noch viele Kunden – auch wegen der politischen Unsicherheiten – mit Investitionen zurück. 

Engpässe bei den Fachkräften 

Positiv zu vermerken ist, dass sich mit nachlassender Konjunktur die Probleme in den Lieferketten verringern. Ein weiterhin großes Problem ist aber der Fachkräftemangel. 97 % der Maschinenbauunternehmen verzeichnen Engpässe bei den Fachkräften, die sich seit 2022 kontinuierlich verschärft haben und weiterhin anhalten werden. Effiziente digitalisierte Prozesse und datenbasierte Wertschöpfung werden deshalb für den deutschen Maschinenbau noch wichtiger, um in der industriellen Produktion weiterhin Weltspitze zu bleiben. 


Digitalisierung bietet enorme Potenziale 

Bei anderen Branchenhighlights wie dem Aachener Werkzeugmaschinen Kolloquium AWK zeigen unterschiedlichste Branchenvertreter Möglichkeiten und Benefits von Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und Upcycling. Das Potenzial ist enorm und seine Ausschöpfung hat gerade erst begonnen. „Industrial Metaverse“ und „Net-zero“ beschreiben anspruchsvolle und hehre Ziele, aber auf dem Weg dahin müssen bei vielen in der Branche zunächst sehr viel näher liegende Herausforderungen bewältigt werden. Es gilt, eine Unternehmensstrategie zu formen, die Orientierung gibt, es gilt aber ebenso, die unmittelbar nächsten operativen Schritte zu beschreiben und nachzuhalten. Dabei dürfen die Herausforderungen des Tagesgeschäfts nicht vernachlässigt werden.  

Dies belegt auch die im Frühjahr 2023 von der Staufen AG durchgeführte branchenübergreifende Studie ‚Zukunft Industrie 2023‘ unter über 400 Unternehmen aus der DACH-Region. Gleichzeitig digital, effizient, nachhaltig und resilient zu werden, stellt derzeit so manches Unternehmen vor große Herausforderungen. Die Studie zeigt, dass die Vorstände und Geschäftsführer bzw. Geschäftsführerinnen in der Industrie ihre Prioritäten klar ausgerichtet haben. Grundlage für ein ebenso nachhaltiges wie wandlungs- und widerstandsfähiges Unternehmen sind und bleiben die operative und die digitale Exzellenz, danach erst folgen neue oder über die Unternehmensgrenzen hinausgehende Aktivitäten in Richtung Nachhaltigkeit und Überarbeitung der Supply Chain. 

Die aktuelle Situation ist jedoch auch Treiber für Aktivitäten, insbesondere in Richtung Effizienz. Das Potenzial wird dabei sowohl in der Digitalisierung als auch in der Nachhaltigkeit und der Lieferkette als sehr hoch angesehen. Überdies sind sich die Unternehmen darin einig, dass sie die Themen intensiv werden angehen müssen.  

Damit findet sich auch in diesen Aussagen die Notwendigkeit einer wirksamen Strategie und nachhaltigen Umsetzung in den operativen Bereichen wieder. Die Fähigkeiten sind vorhanden, es gilt sie zu lenken und zu leiten.  


Dr. Ulrich P. Hermani
Senior Advisor, STAUFEN.AG 

Die Maschinenbauer sind zyklische Ausschläge und Krisen gewohnt und stecken nicht den Kopf in den Sand. Sie sind von der Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen überzeugt und investieren selbst in Schwächephasen verstärkt in FuE. Der Staat muss sie aber auch lassen und ihre Investitionsfreude nicht mit immer mehr Bürokratie und neuen Belastungen ersticken.

Rainer Völker
Partner, STAUFEN.AG 

„VUCA, BANI … – die Akronyme der Business-Welt überschlagen sich im Versuch, die gegenwärtige Turbulenz aus geopolitischen Krisen, unterbrochenen Lieferketten, demografischen Herausforderungen etc. in Worthülsen zu verpacken. Für Unternehmen, insbesondere solche des Maschinen- und Anlagenbaus, bleibt neben den gegenwärtigen Risiken die Chance der Krise, sich zukunftsfähig als Enabler für neue Technologien und Ausstatter u. a. der Chip-Fabriken, Batteriewerke und Lieferanten der Energiewende von morgen zu platzieren.“ 

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