Blog

„Wir machen Lebensmittel für alle“ 

Veganz product; veganer
Blog
October 18, 2023 | Nachhaltigkeit

Im Interview mit Anja Brachmüller, Vorstand Operations der Veganz Group 

Anja Brachmüller ist Vorstand Operations der Veganz Group. Das Unternehmen eröffnete 2011 den ersten veganen Supermarkt in Berlin und fokussiert sich seit 2015 auf den Vertrieb der eigenen Marke. Mittlerweile ist Veganz mit über 100 Produkten in mehr als der Hälfte der EU-Länder präsent und wird von großen Handelsketten vertreten. Im Gespräch mit Staufen erläutert Frau Brachmüller den Weg von der veganen Supermarktkette zu einem der nachhaltigsten und innovativsten Food-Tech Unternehmen der Lebensmittelbranche.  

Portrait Anja Brachmüller

Anja Brachmüller

Chief Operations Officer

Veganz Group

Woraus ist der Impuls entstanden, eine Firma zu gründen, die vegane Produkte vertreibt?

Veganz ist daraus entstanden, dass der Gründer Jan Bredack, seine Ernährung auf vegan umstellte und keine Lust hatte, im Supermarkt die Etiketten zu lesen. Er hat sich mit Veganz sein eigenes veganes Einkaufsparadies geschaffen und genau den Zahn der Zeit getroffen. Unsere Filialeröffnungen waren jedes Mal Volksfeste und die internationale Presse hat uns wöchentlich mit Kamerateams und Journalisten besucht, um über uns zu berichten.

Building of the Veganz Group

Können Sie uns den weiteren Verlauf der Unternehmensentwicklung kurz skizzieren?

Ein Steinchen nach dem anderen hat sich aufgebaut. Das war eine logische Konsequenz: Mit dem Supermarkt zu starten, alle veganen Produkte weltweit zu kennen, die interessantesten Artikel nach Deutschland und Europa zu bringen, sie als Großhändler zu vertreiben und die beliebtesten Artikel selbst zu produzieren oder produzieren zu lassen. Die am schwersten zu produzierenden, die keiner für uns machen wollte, haben wir in Eigenregie entwickelt.

A salad with vegan cheese and baguette.

An welchen Artikel haben Sie sich in Eigenregie als erstes gewagt? 

Den Cashewbert. Wir wurden belächelt von der Molkerei-Industrie. Die haben damals gesagt: „Ihr seid Veganer – klar haben wir das Equipment, aber wir haben keine Kapazitäten, die wir euch zur Verfügung stellen wollen.“ Ich war ganz verzweifelt! Dann habe ich mich kurzerhand entschlossen, mit einem Team in Berlin die erste Käsemanufaktur zu eröffnen. Wir haben über drei Jahre Erfahrungen gesammelt, bis wir in Spielberg, Österreich, eine Produktion hingestellt haben und weiter in andere Produkte investiert haben. 

Worauf legen Sie besonderen Wert bei den Produkten von Veganz?

Unsere Produkte, die müssen schmecken, die müssen Spaß machen, das ist das Wichtigste. Wir machen Lebensmittel für alle, und deshalb kopieren wir seit Jahren konventionelle Klassiker. Dieses Jahr werden wir das vegane Mars rausbringen. Unsere Produkte sind im Idealfall biozertifiziert, haben bessere Zutaten und bringen einen besseren ökologischen Fußabdruck mit. Von der Zutatenliste bis zum Verpackungskonzept achten wir darauf, dass wir verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen.

Zusammen mit dem Schweizer Eaternity Institute haben Sie einen Nachhaltigkeitsscore entwickelt. Was verbirgt sich genau dahinter?  

Das Institut berechnet den CO2-Fußabdruck, den Wasserverbrauch und bewertet unter anderem das Tierwohl und die Regenwald Schonung. Es vergleicht über 110000 Artikel und rankt Produkte. Uns hilft es dabei, zu sagen, wo wir mit einem Produkt stehen. Beim CO2-Fußabdruck fließen Logistik, Anbau- und Produktionsbedingungen mit rein. Auch der Wasserfußabdruck hilft uns, Entscheidungen zu treffen. Mandeln zum Beispiel, ein super Wasserfresser. Holen wir die aus Spanien? Oder aus Kanada?


Man muss Mitarbeiter halten und den Nachwuchs fördern, gerade wenn man wächst.

Anja Brachmüller
Vorstand Operations, Veganz Group 

Dieses Jahr starten Sie mit der Produktion von Mililk, einem patentierten 2D-Druckverfahren zur Herstellung von Haferdrink. Wie funktioniert das Verfahren, welche Vorteile bietet es? 

Mililk ist eine Hafer-Barista-Version. Wir nehmen dabei das Wasser aus der Gleichung: Wir verdrucken eine Haferpaste, trocknen sie, verpacken sie, und können zehn Liter Milch in einem Briefumschlag zum Verbraucher schicken. Bei einer Palette Mililk müsste sich der Handel für die gleiche Menge neun Paletten Tetrapack Milch ins Lager holen. Das ist revolutionär, weil wir Probleme lösen: Wir lösen Platzprobleme, wir lösen Müllprobleme und sind preislich günstiger als die Marken Hafer-Baristas, die es so gibt. 

Stichwort Probleme: Wie gehen Sie mit der Herausforderung gestörter Lieferketten um?

Erstens muss man die Situation erkennen und zweitens muss man identifizieren, wo genau die Probleme liegen. Wir haben z.B. Öl und Soja aus den Produkten genommen und Zutaten verwendet, die besser verfügbar sind und die wir aus mehreren Quellen beziehen können. Lange Partnerschaften mit Lieferanten sind uns immer besonders wichtig gewesen. Dann weiß man, mit wem man zusammenarbeitet. Man geht durch dick und dünn, unterstützt sich, und findet gemeinsam Lösungen.

Was sind Ihre Ansätze, um den derzeitigen Fachkräftemangel zu bewältigen?

Man muss Mitarbeiter halten und den Nachwuchs fördern, gerade wenn man wächst. Wir haben angefangen, Partnerschaften einzugehen – mit der Universität TU Berlin, dem Fraunhofer Institut und dem deutschen Institut für Lebensmittel. Wir stellen Studierende bei uns an, die eine tolle Masterarbeit über ein Projekt von uns geschrieben haben und bilden selbst aus. Dadurch, dass wir ein werteorientiertes Unternehmen sind, ziehen wir viele werteorientierte Menschen an, und sie bewerben sich auch initiativ bei uns.

Auf Seiten der Verbraucher nehmen der Preis und die Nachhaltigkeit von Produkten im Lebensmittelsektor einen immer größeren Stellenwert ein. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden und den Farm-to-Fork-Prozess nachhaltig zu verbessern, benötigt es einen grundlegenden Wandel in der Lebensmittelindustrie. In dem Branchenpaper “Die Lebensmittelindustrie braucht einen Kurswechsel” erfahren Sie, welche konkreten Lösungsansätze Staufen für die aktuellen Herausforderungen in diesem Bereich bietet und auf welche Weise der Weg in ein nachhaltiges Wirtschaften gelingen kann.


Entdecken Sie die Podcast Episode mit Veganz

Ressourcenschonend von der Zutatenliste bis zur Verpackung

Anja Brachmüller, Vorstand Operations von Veganz, spricht in dieser Episode mit Janice Köser über die Herausforderungen und Erfolge dieses wegweisenden Unternehmens. Als Pionier in der Lebensmittelbranche schaffte Veganz den Weg vom veganen Supermarkt zum Produzenten von innovativen Lebensmitteln.

Teaser Staufen Podcast quad

Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Neue Kaffee-Kultur – Lavazza

1895 eröffnete Luigi Lavazza seinen ersten Laden in der Via San Tommaso in Turin. Wie kaum ein anderer seiner Zeit verstand er es, aus Kaffeesorten unterschiedlichster Herkunft unvergleichliche Mischungen zusammenzustellen. Mit Erfindergeist und großer Leidenschaft schufen er und seine Nachkommen eine Unternehmensgruppe, die heute weltweit agiert. Michele Galbiati, Head of Manufacturing bei Lavazza, ist seit fast sechs Jahren für das Familienunternehmen tätig. Er gestaltete den jüngsten Veränderungsprozess der Traditionsfirma von Anfang an mit.

Mehr erfahren

Kurze Wege im Lebensmittelsektor: Weil sich was ändern muss

Neue Essgewohnheiten, Lebensmittelverschwendung, steigende Co2-Emissionen, internationaler Handel und höhere Rohstoffpreise machen einen Kurswechsel auf dem Food-Sektor notwendig. Doch wo geht die Entwicklung hin?

Mehr erfahren
A salad with vegan cheese and baguette.

“Allein mit Bauernhof-Romantik wird das nix”

Veganz-Gründer Jan Bredack produziert mit seinem Unternehmen klimafreundliche Lebensmittel. Im Interview erklärt der ehemalige Daimler-Manager, wie wichtig Transparenz für eine bessere Produktion ist und warum Kunden Fragen stellen müssen.

Mehr erfahren
Staufen Back To Top Button